Fachbeitrag: Positive Digitalisierung oder doch alles für die Maschine?

28.04.2020 // Barbara Flügge

Wir finden zunehmend Schlagworte wie Digitalisierung und digitale Transformation. Intelligente Technologien und neue „Werkzeuge“ für Kommunikation, Interaktion und Kundenbindung sind – so lesen wir – der Transformationsmotor für Wachstum und sozialen Wohlstand. Also der Motor, um unser tägliches Business auf den Weg zu bringen unabhängig von Raum und Zeit: das heisst, um unser tägliches Business zu unterhalten und so auszurichten, dass wir zukünftige Chancen tatsächlich wahrnehmen und nutzbar machen. Bestandswahrung und Wachstum werden in Marktberichten als Tandem skizziert. Ein Tandem, dass sich aus einer gelungenen Betriebsführung und einer vorausschauenden Vertriebsstrategie zusammensetzt.

Zahlen zu den Potentialen, die durch Digitalisierung erzeugt werden, gibt es einige. Für den KMU Markt der Schweiz und den Marktsegmenten [Grafik1], ist Digitalisierung Chance und Arbeitsauftrag. Einer Studie zufolge haben Schweizer KMU Nachholbedarf in der Digitalisierung. 87% der Befragten sehen sich als „Dinosaurier“, vermissen eine Einschätzung zu Risiken, Barrieren und Ressourcen.*1

 

Digitalisierung bietet im Betrieb mehrere Einsatzfelder

Einsatzfelder im Betrieb sind der Einfluss auf die Innenorganisation, die Go-to-Market bzw. Vertriebsstrategie, die externe Wahrnehmung und der Markterfolg des eigenen Unternehmens. Für die betriebliche Bestandwahrung gilt es, effizient und effektiv das eigene Unternehmen zu führen, Knowhow, Anlagegüter und Talente gelungen einzusetzen und zunehmend gegenüber äusseren Eingriffen die Existenz zu sichern. Werfen wir einen Blick in das digitale Innenleben eines Mandanten: wir finden Details zum aktuellen Stand des eingesetzten Fuhrparks, Transparenz eines Auftrages vom Erstkontakt mit dem Interessenten, den Austausch von Produktdetails bis hin zur Bestellung, Auslieferung oder auch den Bestätigungsknopf, den der Kunde unseres Mandanten nach Erhalt einer Ware auslöst.

Dazu bieten analytische Verlaufsverfahren und digitalgestützte Verfahren den Mitarbeitenden Hilfestellung, um Klarheit zu gewinnen. Die Umwandlung von Big Data, also einer grossen Ansammlung von Daten – gerne wird auch von Data Lakes gesprochen – wird durch die Verprobung mit einer Vielzahl von Datenquellen und einer intelligenten Auswertung zu Smart Data.

Ein einfaches Beispiel aus Mandantensicht:

  • Haben Sie adhoc Erkenntnisse zu der Abnutzung bzw. Auslastung Ihres Maschinenparks, lassen sich Nachfragespitzen und Ausfälle gezielter einschätzen und begegnen. Der automatische Abgleich mit Maschinen derselben Baureihe, und Hinweismeldungen von Hersteller und Teilelieferant an die Maschine direkt und ohne manuellen Anstoss bauen das Einsatzprofil der Anlage auf.
  • Werden Hochrechnungen eingespeist, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Arbeitsschritt bei der Maschine eine Abweichung stattfinden wird, schärft sich das Einsatzprofil und Gegenmassnahmen können eingeleitet werden. Auch diese werden – sofern digital integriert die Ferndiagnostik und die Integration mit Logistik und Auftragswesen umgesetzt ist – automatisiert ausgelöst. Smart Data wird damit symbolisch zu einem Weichensteller.

Was bedeutet eine digitale Plan-Ist-Unterstützung?

Das gesunde und widerstandsfähige Unternehmen weiss, wo es im Plan-Ist Vergleich steht. Dafür braucht es vorab die Feststellung der Ausgangsfrage und eine Situationsbeschreibung. Die Verzahnung inner- und ausserbetrieblich, die Hinzunahme und stetige Verkettung mit Geschäftspartnern sorgt mehr denn je für Komplexität. Hinzu kommen Unsicherheit und der Ruf nach mehr Durchblick, um zeitnah situativ richtig und strategisch vorausschauend handeln zu können. Sofern dies möglich ist. Nicht immer haben wir die Optionen oder gar die Entscheidungsbefugnis in unserer Hand. Eine Pandemie wie Covid-19 lehrt uns das. Sie führt uns aber auch vor Augen, was anders, besser laufen könnte, wenn wir vorausschauend uns vorbereiten auf das, was post-pandemisch auf uns zukommt.

Auch diese Handlungen können digital vorbereitet sein, etwa durch den Hersteller selbst, der bei Inbetriebnahme der Maschine am Empfängerort quasi online und virtuell dabei ist. Das Ausgangsprofil wird quasi an die Maschine digital angeheftet. Das digitale Anlagenprofil gleicht selbständig Plan- und Ist-Daten ab. Welche Daten sind auffällig, wo finden Ungereimtheiten statt entweder durch Zeitverschiebung, wenn die Maschine bei einem Kunden in Grossbritannien im Einsatz ist und Ihr Mandant die Fernüberwachung an seinem Sitz in der Schweiz übernimmt. Weitere Auffälligkeiten lassen sich hier gut vorstellen.

Das Ergebnis, der Plan-Ist-Abgleich, der sich hierbei ergibt, ist die eine Sache. Die andere ist, daraus Erkenntnisse und Handlungen abzuleiten, die das Unternehmen in dem betreffenden Geschäftsprozess stützen. Braucht es andere Wartungszyklen, sind Arbeitsabläufe tatsächlich auf Mensch-Maschine-Interaktion aufeinander abgestimmt? Treffen diese Punkte zu, steht dem operativen und betriebswirtschaftlichen reibungslosen Betrieb die Tür zur Umsetzung offen. Im Falle des geschilderten Beispiels eines Maschinenbauers werden Arbeitsvorbereitung, Produktions-, Liefer- und Assemblierungsprozesse allesamt digital durch das digitale Anlagenprofil der Maschine beeinflusst. Die finanztechnischen Auswirkungen lassen sich für Wartung, Reparatur, Wartung und gegebenenfalls notwendiger Ersatzteilbeschaffung, Einbau und neuerlichem Hochfahren der Maschine entsprechend bemessen – situationsbedingt und hochaktuell.

 

Digitalisierung ist ein Arbeitsauftrag! Den Erfolg bestimmen Aufwand, Nutzen und die Einschätzung der Wahlfreiheit

 

Ein Zwischenfazit

Unser Zwischenfazit lautet an dieser Stelle: Die Verzahnung von Tätigkeiten ist eines der Hauptmerkmale von digitalen Unternehmensprozessen. Sie zeigt aber auch, dass Digitalisierung nicht mit einem Knopfdruck ein gewachsenes Unternehmen umstellen wird. Es braucht Klarheit über den Ausgangspunkt, den Status Quo, und einen Masterplan, der feststellt, was zukünftig unter welchen Voraussetzungen für einen Betrieb machbar ist. Interne und externe Stellgrössen werden zur Bewertung eingesetzt. Daraus resultiert auch, wo der Mensch sein Denk-, Beurteilungs- und Innovationsvermögen zielgerichtet für den Markterfolg des Betriebes einsetzt.

Unterstützen digitale Mechanismen und Technologien unseren Alltag sinnhaft und begleiten unsere Vorhaben positiv, dann wächst auch die Erkenntnis, dass Digitalisierung von Vorteil ist. Von der Überzeugung zum digital geführten Tatendrang ist allerdings noch eine Wegstrecke, die es zurückzulegen gilt. Ein Unternehmen, welches heute auf analoge und elektronische Medien baut und sich um Tagesgeschäft und Ressourcenoptimierung vor, in und nach einer Krise wie der derzeitigen Pandemie zu kümmern hat, hat erstmal Mühe mit der Frage nach dem Nutzen der Digitalisierung.

Hinzu kommt, dass uns Meinungen begegnen, dass Digitalisierung sich lediglich für Unternehmen einer bestimmten Grössenordnung oder Industrie eignet. Ebenso oft hört man von Einschätzungen, dass sich Digitalisierung bei komplexen Produkten mit hoher Assemblierungs- und Distributionsdichte bewähren würde, aber nicht im Mikrokosmos eines Handwerkbetriebs oder einer Schreinerei oder eines Dienstleisters. Andere wiederum berichten von aufwändigen Vorhaben, bei dem sich Forscher und Digitalisierungsberater mit Konzernabteilungen zusammentun, um Innovationslabore zu gründen, Anwendungsfälle und Geschäftsmodelle zu entwickeln und neue Märkte zu erobern. Neue Märkte beispielsweise, wenn es um intelligente Maschinensteuerung und digital-gestützte Entwicklungen neuer Produktvarianten geht. Im Umfeld der Innovationslabore haben sich in der Tat sogenannte Innovation Labs bzw. Innovation Hubs in den Markt gedrängt. Es entsteht der Eindruck, dass Kosten für Digitalisierung unverhältnismässig hoch seien. Dass der Aufwand für Weiterbildung nicht nachvollziehbar sei und Digitalisierung nur einigen wenigen vorbehalten sei.

Der ein oder andere wird sich fragen: was heisst das für mich konkret?

Muss ich jetzt Digitalexperte bzw. Digitalexpertin werden, um meine Mandanten zu verstehen?

Werde ich Mandanten nicht mehr von meiner Leistung überzeugen können, wenn ich nicht selbst digital sophisticated bin? Und brauche ich das wirklich oder ist es Utopie? Schauen wir uns, wie der Umgang mit Digitalisierung aussieht. Wir haben dafür ein kleines Beispiel aus unserem Alltag vorbereitet.

Um Digitalisierung tatsächlich für sich und seine Mandanten nutzbar zu machen, denken wir dann an Word und Excel? Oder Robotik und künstliche Intelligenz? Und Whatsapp – ist das digital? Werfen wir einen Blick auf ein einfaches Beispiel aus unserer privaten Welt, den Einkaufszettel [Grafik3]. Wurden früher für den wöchentlichen Einkauf in der Familie gefragt, was wer benötigt und alles auf einem Block notiert, gibt es heute ganze Einkaufs-Hilfe-Anwendungen, die wir uns aufs Tablet oder Natel per Download holen. Statt aufschreiben, tippen wir. Statt direkt zu fragen, geht die ein oder andere Familie soweit, eine Whatsapp Nachricht an die Familienmitglieder zu schreiben und die Ideen einzuholen. Ist das digital? Oder wird Kommunikation zur Freizeitbeschäftigung? Ist Whatsapp überhaupt sicher und welche anderen Medien sollten es sein?

Aus dem Alltag – vom Einkaufszettel zum digitalen Event

Digitalisierung ist mehr als elektronisch erzeugte Listen oder elektronisch abgearbeitete Geschäftsprozesse. Vielmehr gibt uns Digitalisierung einen Vorschuss auf die Fantasie unserer Mitstreiter, Wettbewerber und Geschäftspartner. Um Digitalisierung optimal zu nutzen, startet sie wie jedes gute umgesetzte Vorhaben mit einer Analyse: was benötigt der Nutzer und was bietet der Nutzer seinen Kunden. Daraus entstehen Anwendungsprofile. Und wie am Beispiel der Maschine, werden im Dienstleistungssegment ebenfalls Anwendungsprofile über die Zeit wachsen. Als Grundlage lassen sich 43 Segmente alleine für die Dienstleistungsbranche unterscheiden. Kommen wir zurück zu unserem Beispiel. Beim Einkaufszettel geht es nicht um das Eintippen im Natel und das analoge Ergebnis. Wir sehen uns an, was das elektronische Format auslöst. Ist die Liste elektronisch, können bei kurzfristigen Änderungen, Einladungen und Produktangeboten sich die Bedarfe anpassen.  Aus Pasta wird Reis, dem Abendessen im Familienkreis eine Nachbarschaftsparty und aus dem Pastagericht ein asiatisches Buffet. Informationen, die vorher nicht allen zugänglich waren, werden geteilt. Meinungen können eingeholt und kurzfristig berücksichtigt werden. Der Einkaufszettel erhält einen Termin und eine Gästeliste. Und in Verbindung mit einer Gästeliste lassen sich Gerichte und Mengen und nicht zuletzt der Vorbereitungs- und Koch-Aufwand besser abschätzen.

Ein digitaler Timer in der Online-Liste wäre von Vorteil. Statt die Mutter oder den Vater einkaufen zu lassen, teilen sich die Familie die Aufgaben und stimmen sich ab, wann was benötigt wird – über Whatsapp? Haben Sie auch schon im Supermarkt diejenigen beobachtet, die die Produkte filmen oder gar abscannen, um dann schneller Preis, Inhaltsstoffe und Gerichtsvarianten abzugleichen?

Wir können uns bildlich vorstellen, wie der Alltag sich ändert – anhand des kleinen Einblicks. Doch es geht weiter. Wir wählen die Zutaten für das eben über Threema empfohlene Gericht online bei „NaturkostOnline“ aus. Daraus entstehen weitere Ideen: etwa hilft sich die Familie bei der Vorbereitung des Buffets mit einem Erklärvideo. Das klingt übertrieben? Nun in einer Wohnungsküche ist der Platz beengt und es braucht eine kleine Küchenorganisation, wer wann was zubereitet und in welcher Reihenfolge. So dass kein Stress aufkommt. Alles hat geklappt. Das Buffet ist ein voller Erfolg gewesen. Die Nachbarn waren begeistert. Die Familie hatte noch nie ohne Streit und einer zermürbenden wer-was-macht-Diskussion gemeinsam gekocht. Um das festzuhalten, wurde das ganze mitgefilmt und ein Videoclip daraus gemacht. Entstanden ist ein tolles Event, welches man sich später gerne nochmal anschaut, um gemeinsam zu lachen, sich auszutauschen und es Freunden zu zeigen.

Und was bedeutet das für meine Mandanten?

Analog dem Videoclip Beispiel können wir uns „vor Ort digital“ im Alltag unserer Mandanten bewegen. Bewegungen und Ausnahmeerscheinungen sind nachvollziehbar und bewertbar. Sind Ihre Mandanten wie im ersten Beispiel aus der Produktionsbranche? Oder ein Restaurant- oder Hotelbetrieb? Der Alltag lässt sich anhand eines Szenarios, welche sukzessive aufgebaut wird, besser nachvollziehen. Neue Gerichte können erfunden und unternehmerische Prozesse neu betrachtet werden. Einkaufsprozesse werden sich ändern und die Logistik neu ausgerichtet. Das mutet komisch oder verrückt an? In Zeiten wie diesen, denen viele Ihrer Mandanten einem Berg von Unsicherheit und Stillstand ausgesetzt sind, bietet sich das die Vorbereitung und das Aussergewöhnliche an: planen Sie mit uns Ihren Alltag und bereiten Sie sich vor auf die Aufholjagd danach. Denn nach einer Krise wird mit Volldampf gearbeitet und aufgeholt. Und Vorbereitung ist es, die Vorsprung schafft.

 

Quellen:

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