Die digitale Revolution Teil 2: Plattformen essen die Welt. Was hat das mit Ihnen zu tun?

19.02.2019 // Sacha Briggen

Jeder kennt sie und fast jeder nutzt sie: Plattform-Giganten wie Google, Airbnb und Amazon boomen. Dabei stellen radikale Ansätze und neue Spielregeln traditionelle Geschäftsmodelle auf den Kopf und zwingen Unternehmen und Dienstleister zum Umdenken. Die neue Plattform-Ökonomie betrifft hierbei nicht nur die technologische Komponente, sondern sie verändert auch die Art und Weise, wie Menschen miteinander kommunizieren und arbeiten. Im zweiten Teil unserer Serie „Digitalisierung Treuhand“ möchten wir daher die Chancen und Risiken von digitalen Plattformen diskutieren und liefern Ihnen die eine oder andere Handlungsempfehlung.

Das weltgrösste Taxi-Unternehmen ohne eigene Fahrzeuge

Wussten Sie, dass das weltweit grösste Taxi-Unternehmen keine eigenen Fahrzeuge besitzt? Trotzdem schaffte es Uber als reiner Vermittler an die Spitze der Personenbeförderungsleistungen. Doch wie ist das möglich? Ähnlich wie bei digitalen Gütern liegen die Grenzkosten der Produkte nahezu bei Null, da sich davon perfekte Kopien erstellen lassen. Zudem erfolgen Zugriff und Distribution zu extrem geringen Kosten. Dies gilt aus Sicht des Plattformbetreibers selbst für Produkte, die nicht vollständig digitalisiert sind. Für Uber gibt es also so gut wie keine Grenzkosten, um einen zusätzlichen Transport auszuführen, da die Plattform lediglich Anbieter und Nachfrager zusammen bringt. Charakteristisch für digitale Plattformen sind zudem die gigantischen Netzwerk- und Multiplikationseffekte. Je mehr Teilnehmer im Netzwerk aktiv sind, desto attraktiver wird es und zieht wie in einem Sog-Effekt weitere Anbieter und Endkunden an. In unserem Uber-Beispiel bringt dieser Service erst den wesentlichen Mehrwert für den Endkunden, wenn genügend Fahrer aktiv sind, aber auch anders herum.

Start-Ups werden zu Unicorns: Chancen der Plattform-Ökonomie

Dank der heutigen Technologien ist es möglich, einfach und mit minimalem Aufwand, neue, teils radikale Geschäftsmodelle und disruptive Innovationen zu entwickeln. Auch „Nicht-Techies“ können dank einfacher Programmiermethoden und der Nutzung von Cloud-Angeboten neue Plattform-Services anbieten und damit traditionelle Geschäftsmodelle auf den Kopf stellen. Am Anfang einer solchen Entwicklung steht hierbei meistens ein ungelöstes Kundenproblem im Fokus. Durch aktives Hinterfragen bestehender Systeme und Lösungen können neue Wertschöpfungsketten identifiziert werden. So auch bei beim heutigen Taxifahrer-Schreck Uber. Der Chauffeur-Dienst erkannte das Potential für private Fahrdienste und vermittelt seit 2009 Mitfahrgelegenheiten via Smartphone-App. Die Vorteile der Kunden liegen auf der Hand: sie erkennen schnell, welches Fahrzeug in der Nähe ist und können dieses anfordern. Gleichzeitig ist das Angebot in der Regel günstiger und die Abrechnung gestaltet sich durch die Hinterlegung einer Kreditkarte oder Kontos kinderleicht. Anbieter profitieren hingegen davon, selbst kein eigenes (digitales) Angebot etablieren zu müssen. Des Weiteren können diese durch den Multiplikationseffekt der Plattform besonders schnell ihre Dienstleistungen und Produkte an die Endkunden bringen und sich auf ihre Kernkompetenzen beschränken.

Die Schattenseiten: im Teufelskreis der Dumping-Hölle

Die Plattform-Ökonomie birgt neben den vielen neuen Möglichkeiten und Chancen auch Risiken. Einmal erfolgreich etabliert, ist es für Anbieter schwierig, sich einen wesentlichen Teil der Wertschöpfung zu sichern. Der Plattformbetreiber besitzt die Schnittstelle zum Kunden und ist daran interessiert, sein Netzwerk möglichst schnell zu erweitern. Durch das Anbieten der Services zu Dumping-Preisen werden wiederum eine grössere Anzahl von Endkunden in das Netzwerk gezogen. Das erhöht den Wert der Plattform und gleichzeitig die Macht gegenüber den Anbietern. Ist die Anzahl der Teilnehmer einmal gross genug, werden sowohl Kunden wie auch Lieferanten aufgrund der oben beschriebenen Sog-Effekte fast zum Beitritt in die Netzwerk-Ökonomie gezwungen. Die Spielregeln werden vom Plattformanbieter bestimmt. Das kann so weit gehen, dass Anbieter in ihren eigenen Onlineauftritten die Preise ihrer Produkte nicht mehr frei festlegen dürfen. Und die Anbieter verlieren. Sie verdienen weniger, sei es die Taxifahrer bei Uber, die Künstler bei Spotify oder die Hoteliers bei booking.com. Für Anbieter ist es schwierig, sich aus diesem Dilemma zu befreien. Einerseits zwingen ihn die Netzwerkeffekte zum Mitmachen, andererseits ist es schwierig, Kunden zu einem Wechsel zu bewegen. Gerade im B2B-Bereich machen sich Endkunden von Online-Systemen relativ stark abhängig, da dort kritische Unternehmensdaten verwaltet werden und diese, wenn überhaupt, nur mit hohem Aufwand wieder aus den Systemen gebracht werden können. Das erhöht die Wechselkosten für einen Anwender stark.

Regulationen und Gesetze können helfen

Lokale Regulatoren und Gesetze erschweren das Etablieren von globalen Plattformen und teilweise kann auch über den politischen Prozess eine lokale Regelung erwirkt werden, welche die Anbieter unterstützt. Als Beispiel hierfür dient der Fall der Hotellerie in der Schweiz September 2017. Mit der Unterstützung der Lex Booking im Nationalrat sind Schweizer Hotels nun wieder in der Lage, ihre Preise selber zu bestimmen, auch wenn Sie bei booking.com registriert sind. Sich allerdings ausschliesslich auf diese Faktoren zu verlassen ist unternehmerisch grob fahrlässig. Denn zur vermeintlich einfachen Lösung sich einer sich im Aufbau begriffenen Plattform anzuschliessen, gibt es für Treuhandfirmen sehr wohl andere Alternativen.

Unser Tipp: Gestalten Sie Ihre eigenen Spielregeln

Die Plattform-Ökonomie bietet viele neue Möglichkeiten und Chancen zur Erschliessung neuer Geschäftsmodelle und zur Gewinnung neuer Kunden – ebenfalls für die Treuhandbranche. Vor allem der Beitritt in bestehende Plattform-Netzwerke scheint auf den ersten Blick ein einfacher und attraktiver Weg zu sein, schnell von eventuellen Multiplikationseffekten zu profitieren. Allerdings dürfen die oben genannten Risiken, wie schlimmstenfalls der Verlust der eigenen Souveränität keinesfalls unterschätzt werden.

Wir empfehlen daher, Treuhandfirmen produktiv und aktiv mit den Herausforderungen der neuen Wirtschaftswelt umzugehen. So könnte es gelingen, das emanzipatorische Potenzial der Plattform-Ökonomie zu realisieren. Im ersten Schritt raten wir das eigene Geschäftsmodell zu analysieren und hierbei unbedingt folgende Fragen zu klären:

  • Welches sind unsere Kundensegmente?
  • Wie interagieren wir mit diesen?
  • Was sind die Erwartungen unserer Zielgruppen an uns?
  • Was sind deren Informationsbedürfnisse?
  • Wo gibt es Ineffizienzen in der Interaktion mit unseren Mandanten?
  • Wo entstehen die grössten Mehrwerte für unsere Mandanten?
  • Wie können bestehende Services neu kombiniert werden?
  • Wie lassen sich Ineffizienzen mit neuen, technologischen Möglichkeiten eliminieren?
  • Wie können wir die Interaktion mit unseren Mandanten optimieren?

 

Aus der Analyse leiten sich die Anforderungen an ein eigenes, digitales Ökosystem für Ihre Treuhandfirma ab, bei der Sie auch wieder ihre eigenen Spielregeln festlegen können. Gerne sind die Experten von intusdata dabei behilflich.

Und das nächste Mal: Aller Anfang ist schwer… oder doch nicht?

Nun wissen Sie, welche Chancen Sie durch die Digitalisierung nutzen können. Doch wo beginnen Sie am besten? Genau diese Frage möchten wir im dritten und letzten Teil unserer Serie beantworten.